Meinen letzten Blogeintrag habe ich nach dem Vienna City Marathon 2021 mit dem Fazit beendet, dass es vermutlich besser ist, nicht gleich das Sub-3-Ziel erreicht zu haben, denn dann wäre die Frage, was nun? Diese Frage kann ich nicht mehr umgehen, doch wie kam es dazu?

Nach der Marathonvorbereitung im Herbst letzten Jahres war eine sehr gute Basis geschaffen. Ich fühlte mich fit, konnte die Trainingsumfänge gut bewältigen, die jeweiligen Trainingszeiten sowie Tempi bei Intervallläufen einhalten und das wichtigste: ich blieb über den Winter hindurch gesund. Als Wettkampfziel für die erste Jahreshälfte habe ich mir den LCC Frühlingsmarathon auf der Prater Hauptallee ausgesucht, da mir persönlich kleinere Veranstaltungen mehr zusagen, als große Laufsportveranstaltungen wie der Vienna City Marathon (VCM). Zudem sind für mich die LCC-Rennen persönlich, überschaubar und mit viel Herz organisiert. Weiters sprach für die Teilnahme am LCC Frühlingsmarathon auch die Strecke selbst, da diese einerseits komplett flach ist und andererseits auch alle 3–4 Kilometer die Möglichkeit der (Eigen-)Verpflegung gegeben ist.

Vom Plan zur Vorbereitung

Nachdem das Event fixiert war, entwickelte das Tristyle-Team das Konzept, den Plan sowie den Trainingsaufbau ab Weihnachten. Dabei wurden die Intensitäten angezogen und die Tempoeinheiten sowie die Long-runs länger. Ich merkte wie die Formkurve weiter nach oben ging, was sich auch in den Trainingsdaten zeigte. Ein Marathon unter 3 Stunden sollte jedenfalls möglich sein – so zumindest in der Theorie, doch was zeigt die Praxis. Genau diese Praxisumsetzung machte mich auch die Tage zuvor zunehmend angespannt und fokussiert. Ich war froh endlich die Leistung zu zeigen und um die Nervosität auch auf einem gesunden Level zu halten, half mir die Frage, was wäre das Schlimmste, was passieren könnte? Die Antwort für mich ist, dass bei einem DNF (eigentlich) nichts passieren würde. Meine Familie liebt mich nach wie vor, das Training und die Vorbereitung haben mich auf einen guten Fitnesslevel gebracht, ich habe Erfahrungen für zukünftige Rennen gesammelt und verdiene mit dem Laufsport nicht meinen Lebensunterhalt. Das ist schon mal beruhigend, aber bei einem Ausstieg oder Nichterreichen des Ziels bliebe dennoch die persönliche Enttäuschung, die auch ausreicht, um fokussiert und angespannt im Vorfeld zu sein.

Der Wettkampftag

Mehr als die Summe der einzelnen Teile – der LCC Wien Frühlingsmarathon 2022, Blogartikel von Christian MeisterEndlich war der Wettkampftag (10. April 2022) da und nach dem gewohnten Frühstück mit Haferflocken und den weiteren Vorwettkampfvorbereitungen wie Equipment packen etc. ging es zum Wiener Erst-Happel-Stadion, ehe es kurz aufgewärmt um 9 Uhr an den Start ging. Etwa 400 Athleten:innen waren dabei, wobei nur etwas mehr als 40 davon die Marathondistanz absolvierten. Die weiteren Teilnehmer:innen traten in den Disziplinen Nordic-Walking, 7-Km sowie Halbmarathon an. Das überschaubare Startfeld rollte bei eher kalten 8 Grad, Sonnenschein und teilweise stärkeren Windböen los.

Meine Anfangspace war für 4:15min/Km geplant, um insgesamt unter 3 Stunden zu bleiben, wobei ich auf den ersten Kilometern bereits unter der Zeitvorgabe lag. Es fühlte sich gut an und auch nicht so, dass ich ein großes Risiko eingehen würde, den Lauf nicht beenden zu können. Gelaufen wurde auf 6 Runden à 7 Km (AIMS vermessen) und nach dem Halbmarathon fühlte ich mich noch soweit frisch. Meine Ernährungsstrategie war, alle 7 Km 250ml Maurten 360 (Hydro-Gel), d.h. pro 7 KM ca 40g Kohlenhydrate ab der zweiten Runde zu mir zu nehmen. Das ging sehr gut auf und ich hielt ohne Magenbeschwerden durch. Aufgrund des kleinen Teilnehmer:innen-Feldes liefen kaum Gruppen gemeinsam und eher einsam spulte ich die Kilometer herunter. Im Kopf hilfreich war es für mich, bei jeder Km-Tafel diese geistig wegzustreichen. Ab Kilometer 28 dachte ich dann daran, dass auf das Ziel nur mehr 14 Kilometer – meine „Stammrunde“ im Training – noch fehlte. Noch mehr aber halfen die Anfeuerungen meiner Frau und einer sehr guten Freundin, die ich alle 3 bis 4 Km sah.

Die Oberschenkelaußenseiten begannen ab Kilometer 30 zu ziehen und ab Kilometer 40 freute ich mich auf das Heimrollen zum Ziel mit Rückenwind. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass es jedenfalls eine Zeit unter 3 Stunden werden wird und freute mich innerlich, das Ziel bald erreicht zu haben. Als der Moderator beim Zieleinlauf auch noch verkündete, dass ich der 2. im Ziel bin, freute ich mich neben der Zeit von 2h53min36sec noch mehr. Weiters erreichte ich den ersten Platz in meiner Altersklasse M40, zu der ich erst seit diesem Jahr gehöre. Nach der doch großen Anspannung eine Erleichterung, eine riesen Freude und eine positive Überraschung. Das Ziel ist für mich mehr als erreicht und darüber hinaus habe ich auch noch einen Pokal erhalten, der mir symbolisch für das Training und die sportliche Entwicklung der letzten Jahre sehr viel bedeutet.

Laufen und Marathon als Einzelsport?

Mehr als die Summe der einzelnen Teile – der LCC Wien Frühlingsmarathon 2022, Blogartikel von Christian MeisterHabe ich das alleine geschafft? Meine Antwort darauf ist: „Nein“ und obwohl Laufen auf den ersten Blick als Einzelleistung erscheint ist es das für mich nicht. In meinem Fall ist die Leistung meiner Familie und deren Verständnis, dem Training und der Trainingssteuerung durch das tolle Tristyle-Trainerteam und natürlich mir selbst mit dem konsequenten Training zuzuschreiben. Interessant ist auch die Frage, welchen Anteil am Erfolg jeder dieser drei Teile hat? Für mich hat jeder 100 % an der Zielerreichung beigetragen, denn fehlt nur ein Teil, brechen die anderen Teile weg und führen nicht mehr zum gewünschten Erfolg:

  • Ohne der Unterstützung (tagtäglich und vor Ort bei einem Rennen) und dem Verständnis meiner Familie wäre das Thema Laufen mit Ablehnung und Konflikten verbunden – was wiederum dem Trainingserfolg schadet.
  • Ohne einen zielgerichteten Plan und einer nachhaltigen Trainingssteuerung durch Tristyle kann ich die gesetzten sportlichen Leistungen nicht optimal erreichen beziehungsweise habe ein höheres Verletzungsrisiko.
  • Ohne konsequentes Training durch mich als Athleten, Spaß am Laufen und an der Bewegung, Achtung vor dem Körper und dessen Signale geht es nicht.

Mein großer Dank gilt daher meiner Familie und dem Team von Tristyle! VIELEN DANK und wir sind mehr als die Summe der einzelnen Teile.
Bleibt noch die Frage offen, wie es nun weitergeht und was kommt nach der Erreichung des 3 Stunden-Ziels? Ganz konnte ich diese Frage noch nicht für mich beantworten und ein weiterer Marathon im Herbst wird es noch werden. Die Fitnessbasis ist gegeben und darauf kann ich sehr gut aufbauen. Ich freue mich auf die weiteren sportlich herausfordernden Ziele, aber erstmals über das, was ich – nein WIR – erreicht haben.

Christian Meister

Christian Meister

Betriebswirt, HR-Manager, Business-Coach und  vor allem liebender Familienvater (2 Kinder) sowie passionierter Läufer (seit 2008). Neben Laufen auch interessiert an Alternativsportarten wie Rennrad und Schwimmen. Lebt in Wien und versucht als Steirer möglichst oft aufs Land zu kommen und die Natur sportlich zu genießen.