Robert UngerIn diesem Blog-Beitrag analysieren wir einen kleinen Teil am Fahrrad, an dem jedoch oft und viel „herumgetüftelt“ wird – beim Profi genauso wie beim Hobbysportler, nämlich den Pedalen. Ersteht man seine erste Rennmaschine oder Triathlonrad ist man vielleicht verwundert, dass bei den durchaus hochpreisigen Modellen keine Pedale inkludiert sind. Sobald man sich damit mehr im Detail beschäftigt, wird schnell klar, warum die Auswahl des richtigen Pedalsystems einer Wissenschaft nahe kommt.

Ein kurzer Rück- und Überblick

Hakenpedal - Quelle: www.wikipedia.de

Sieht man Ausschnitte von Radrennen aus den Nachkriegsjahren (bis in die frühen 80er) an, sind die Pedalritter noch mit Hakenpedalen unterwegs, wo die Schuhe mittels Lederriemen am Pedal fixiert wurden. 1984 brachte die französische Firma Look – inspiriert von den Skibindungen – als erster Hersteller Klickpedale auf den Markt. 1985 gewann Bernard Hinault mit Klickpedalen zum letzten Mal die Tour de France.

Zu Beginn der 1990er Jahre war es schließlich Shimano, welche die ersten Klickpedale speziell für das Mountainbike auf den Markt brachte. In der Zwischenzeit gibt es natürlich eine Mehrzahl an Anbietern, die Klickpedale für die verschiedensten Anwendungsbereiche und Preisklassen anbieten.

Im Gegensatz zur Skibindung konnten sich die Hersteller bei den Pedalsystemen jedoch nur bedingt auf einheitliche Standards einigen. Der gemeinsame Nenner liegt darin, dass Pedalplatten für Mountain- oder Trekkingbikes mit zwei Schrauben, Pedalplatten für Renn- und Triathlonräder mit drei Schrauben am Schuh befestigt werden. Einzelne Hybrid-Modelle bieten die Möglichkeit, sowohl zwei- oder dreischraubige Platten zu befestigen.

Schuhe, Cleats und Pedale

Cleats – Quelle: https://ratgeber.wigglesport.de

Denkt man also über die Anschaffung von Klickpedalen nach, sollte man das Gesamtsystem aus Schuh, Pedalplatte (auch Cleat genannt) und Pedal in Betracht ziehen.

Wichtig für die Neueinsteiger: Beim Kauf eines Pedalsets sind meist die Cleats mit dabei, beim Kauf des Schuhs jedoch nicht!

Durch die angesprochene Nicht-Standardisierung ist daher eine Vielzahl an Systemen am Markt vertreten, die jedoch nicht untereinander kompatibel sind. Wählt man beim gut sortierten Online-Shop die Rubrik „Pedale“ aus, werden einem weit mehr als 100 Artikel angeboten.

Zunächst ist eine Unterscheidung nach dem Verwendungszweck zu treffen. Auf der einen Seite stehen die Mountainbikes und Trekking-Räder, auf der anderen Seite die Renn- und Triathlonräder. Der größte Unterschied liegt darin, dass bei den Mountainbike- und Trekking-Systemen die Cleats wesentlich kleiner sind, um diese ggf. auch in der Schuhsohle zu verstecken. Dadurch können auch längere Strecken zu Fuß zurückgelegt werden, während mit Rennrad- oder Triathlonschuhen an keinen Spaziergang zu denken ist.

Für Mountainbikes ist mit Sicherheit das SPD (Shimano Pedalling Dynamics) am weitesten verbreitet, aber auch das ‚Egg Beater‘ System von Crank Brothers oder das Time ATAC System wird häufig verwendet.

Für die Renn- und Triathlon-Räder hat Shimano das SPD-SL System auf Basis des Pioniers Look entwickelt. Nach wie vor sind diese beiden Systeme am öftesten im Einsatz. Beide Hersteller bieten das jeweils gleiche Grundsystem in unterschiedlichen Material- und damit Preisvarianten an. Bei den höherpreisigen Modellen kommen dann auch edlere Materialien wie Carbon zum Einsatz. Look bietet sogar spezielle Damenmodelle an, bei denen der Ausstieg mit etwas weniger Kraftaufwand zu bewerkstelligen ist. Außerdem heben sie sich auch farblich von den Unisex-Modellen ab.

Speedplay Aero – Quelle: www.tri-mag.de

Ebenso verschiedene Farben zur Auswahl gibt es bei den Cleats. Dies ist allerdings nicht in der zielgruppenspezifischen Ansprache der Kunden geschuldet, sondern hängt viel mehr mit der seitlichen Bewegungsfreiheit des Schuhs im Pedal zusammen. Theoretisch ist so die 100%-ige Fixierung des Schuhs im Pedal möglich. Im Gegensatz zu den beiden Marktführern integriert Speedplay den Mechanismus im Cleat.

In letzter Zeit werden auch zunehmend Pedale mit integriertem Leistungsmesser („Powermeter“) auf den Markt gebracht. Dadurch kann ich Echtzeit bzw. auch zur Ex-post-Analyse der angewendete Kraftaufwand abgelesen werden. Diese Powermeter sind meist mit Schuhplatten von Look oder Shimano (SPD-SL) kompatibel.

Wie wähle ich das ideale Pedalsystem?

Weiß man nicht, was man möchte bzw. was gut für einen ist, ist man hier schnell überfordert.
Wie also die richtige Entscheidung treffen? Versuchen wir es mal mit objektiven Messkriterien. Werden von einschlägigen Magazinen Vergleichstests durchgeführt, sind diese bestrebt, anhand von verschiedenen Merkmalen Vor- oder Nachteile des jeweiligen Systems rauszufiltern, zum Teil mit Spezialmessungen in hochentwickelten Labors, beispielsweise folgende:

  • Bauhöhe

    Je größer die Bauhöhe, desto mehr Luftwiderstand bietet das ganze System. Das ist Energie, die Du als Radfahrer zusätzlich aufwenden musst. Die Hersteller sind daher daran interessiert, mit möglichst geringer Bauhöhe auszukommen. Aktueller Vorreiter sind hier wohl die Modelle von Speedplay, die eigene Aero Modelle anbieten.

  • Q-Faktor

    Der Q-Faktor ist der Abstand zwischen Kurbelarm (hier wird das Pedal befestigt) und der Schuhmitte. Bei Rennradkurbeln wird ein geringer Q-Faktor (d.h. geringer Abstand zw. Pedal und Rahmen) angestrebt, um ein effizientes Treten zu ermöglichen.

  • Ein-/Ausstieg

    Hier gilt es den Kompromiss zwischen Sicherheit (wie schnell komme ich aus dem Pedal) und Stabilität zu finden. Das ist insbesondere für jene im Triathlon nicht unwichtig, die die Schuhe am Pedal belassen.

  • Standbreite

    Je breiter die Auflagefläche des Schuhes (und damit des Fußes) am Pedal ist, desto besser kann die angewendete Kraft übertragen werden.

  • Lagerqualität

    Gute Lager gewähren eine effizientere Kraftübertragung, da weniger Reibungsverluste entstehen.

  • Gewicht

    Klarerweise möchte der Athlet sämtliche Komponenten gewichtsoptimieren, die Pedale machen da keine Ausnahme.

Das ideale Pedal sollte also bei großer Standbreite einen leichten Ein- und Ausstieg mit stabilem Halt ermöglichen, nahe dem Rahmen montiert sein, eine geringe Bauhöhe aufweisen, leicht sein und hochwertige Lager beinhalten. Eigentlich ziemlich komplex für ein kleines Detail, wenn nicht sogar unerfüllbar.

Steht man nun zum ersten Mal vor der Anschaffung eines Klick-Pedal-Systems gibt es also vieles zu bedenken. Will man eine aufwändige Online-Recherche (wie ich sie zur Vorbereitung dieses Artikels gemacht habe) verhindern, ist der Weg zum qualifizierten Fachhändler zu empfehlen. Man erhält fachkundige Beratung und kann die Systeme auch in Händen halten, bevor man die Entscheidung trifft.

Ich selbst fahre seit vielen Jahren die Systeme von Shimano (sowohl am Mountainbike wie auch am Rennrad), was vor allem kommerzielle Gründe hatte. Zu Beginn meiner „Rad-Karriere“ fuhr ich sogar einige Jahre auch am Rennrad mit dem SPD-System, um mir ein zweites Paar Schuhe zu ersparen. Dies wurde aber vor allem bei längeren Ausfahrten oftmals unbequem, weswegen ich mir schlussendlich doch das SPD-SL System mit den gelben „Standard-Cleats“ mit etwas Spielraum an der Ferse anschaffte. Für die Zukunft steht die Überlegung eines Powermeters ins Haus. Es bleibt also spannend…

Bildquellen

Hakenpedal – Quelle: www.wikipedia.de
Cleats – Quelle: https://ratgeber.wigglesport.de
Look-Elle – Quelle: www.roadbike.de
Look-Keo-Carbon – Quelle: www.roadbike.de
Shimano-Dura-Ace – Quelle: www.roadbike.de
Speedplay Aero – Quelle: www.tri-mag.de

Robert Unger

Robert Unger

… verfolgt als begeisterter und begeisternder Hobby-Radsportler (auch „Hobbette“ genannt) ambitioniert sein Ziel vom Ötztal-Radmarathon. Seit 2015 ist er Tristyle-Athlet und hoffentlich bald Alumni der Tristyle Academy. Außerdem kümmert er sich um den Fußball-Nachwuchs im südlichen Weinviertel. In seinen Blogbeiträgen berichtet er über den (Trainings-) Alltag mit seinen Herausforderungen und seinen Wettkämpfen.