Spätestens wenn sich die Temperaturen der 10°C nähern und die Ausfahrten frühmorgens oder abends bereits in der Dunkelheit stattfinden, stellt sich wie jedes Jahr die Frage: Was macht der Radfahrer im Winter?
Seit mir Lissi – auch anhand meiner Laktat-Tests – klar gemacht hat, dass der Winterschlaf nicht für den Sportler gilt (Credo: „Die Form im Frühling/Sommer machst Du im Winter!“), musste ich mich mit dieser Frage beschäftigen. Über die Jahre habe ich verschiedene Strategien entwickelt, um die graue Zeit durchzutauchen und im Frühling dafür die gezielte Wettkampfvorbereitung starten zu können.
Vorweg ist zu erwähnen, dass es kein Patentrezept gibt und vieles natürlich auch von den individuellen Präferenzen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und nicht zuletzt Möglichkeiten abhängt. So liegen beispielsweise meine sportlichen Ziele immer in der Hauptsaison irgendwann zwischen Mai und September, etwaige Rennen in den Wintermonaten dienen nur zur Abwechslung. Daraus ergibt sich, dass mir die „Off-Season“ zur Verbesserung der Grundlagenausdauer dient.
Welche Möglichkeiten stehen mir also zur Verfügung?
Möglichkeit 1: Radfahren
„Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Ausrüstung!“. Wer hat das noch nicht gehört. In der Tat ist das tatsächlich eine valide Option, wenn man auf die wichtigsten Faktoren Rücksicht nimmt. Zu aller erst auf die richtige Kleidung achten. Sämtliche namhaften Hersteller bieten entsprechende winterfeste Funktionskleidung an, so beispielsweise Hosen (lang und gefüttert), Jacke (gefüttert, winddicht, atmungsaktiv), Schuhe und Überschuhe sowie Handschuhe, nicht zu vergessen Halstuch und Mütze unter dem obligatorischen Helm. Ist zwar nicht ganz billig, erfüllt aber seinen Zweck. Je nach Temperatur trage ich bis zu 6(!) Schichten am Oberkörper, um nicht abzukühlen. Vergesst aber nicht, nach dem Training sofort in trockene Klamotten zu schlüpfen, besser noch wäre eine heiße Dusche oder ein Saunabesuch.
Da die Tage im Winter sehr kurz und oft grau sind, sollte die Beleuchtung fix am Rad montiert sein. Auch das Streckenprofil muss gut gewählt sein, bei schnellen Abfahrten kühlt man rasch aus, außerdem ist das aufgrund des Rollsplits auch nicht ungefährlich. Last but not least ist eine Trinkflasche mit Thermofunktion empfehlenswert, sonst knabbert ihr in kürzester Zeit nur mehr an Eiswürfeln.
Ich versuche, so viel Zeit wie möglich am Rad zu verbringen, ich mag es zu beobachten, wie die Natur ihren Winterschlaf hält und ein Sonnenaufgang im Winter am Fahrrad gibt mir Energie für den ganzen Tag.
Möglichkeit 2: Ergometer
Sei es das klassische Zimmerfahrrad, ein Hochleistungsergometer oder die „Walze“ auf der Dein geliebtes Rennrad eingespannt wird. Es gibt genug Möglichkeiten, auch im Winter mit kurzer Hose zu treten.
Die Vorteile liegen neben den angenehmeren klimatischen Bedingungen auf der Hand. Am Ergometer ist ein sehr kontrolliertes und exaktes Training möglich, es herrschen annähernd Laborbedingungen. Nutzt man ein Ergometer im Fitnesscenter kann man das auch gleich mit einer Einheit Stabi- und oder Krafttraining verbinden.
Viele – wie auch ich – finden diese Trainingsform aber eher langweilig, v.a. wenn die Einheiten zwei und mehr Stunden dauern sollen. Die Industrie hat das erkannt und bietet mittlerweile Systeme an, wo Du mit virtuellen Partnern gemeinsame Ausfahrten unternehmen kannst. Ist für mich ein interessanter Ansatz, so lange ich nicht das Trainingsziel des Tages mit der Ausfahrt umgehe, in dem ich statt Grundlagentraining den Bergsprint gewinnen will. Grundsätzlich hilft aber jede Form des Entertainments, das Training kurzweiliger zu machen.
Wie man vielleicht erkennt, hält sich meine Liebe für den Ergometer in Grenzen, verwende ihn aber doch, bevor ich ein Training ausfallen lasse.
Möglichkeit 3: Bahnradfahren
Das Ferry-Dusika-Stadion ist das einzige Radstadion Österreichs und mit einer Trainingslizenz des Österreichischen Radsportverbandes bist Du damit zum Training berechtigt. Die Trainingszeiten, an denen die Bahn geöffnet ist, werden jedes Jahr im www veröffentlicht.
Die formalen Eintrittsbedingungen sind also gering, es sind aber einige Details zu beachten. Zum einen ist man nur mit einem Bahnrad berechtigt, am Training teilzunehmen. Ein Bahnrad zeichnet sich durch einige „Mängel“ aus, es hat keinen Freilauf (d.h. man tritt permanent), es hat keine Schaltung (ist also ein „Fixie“) und keine Bremsen! Zum anderen erfordert die Bahn auch einen gewissen Mut, beträgt doch die Neigung in der Kurve 45°, das entspricht einer Steigung von 100%. Um hier auf der Bahn zu bleiben, sind Mindestgeschwindigkeiten in der Kurve von 35 km/h empfohlen.
Für mich stellt das Fahren auf der Bahn immer eine Abwechslung dar, für Grundlagentraining ist es aber denkbar ungeeignet.
Möglichkeit 4: Alternativsportarten
Für gezielte Abwechslung stehen einige Alternativsportarten zur Verfügung. Persönlich bevorzuge ich hier das Langlaufen, und zwar sowohl auf Schnee wie auch auf Asphalt mit Rollski. Andere Radsportler unternehmen auch Ski-Touren, gehen Schwimmen oder Laufen.
Das alles sind alternative Ausdauersportarten, die das Herz-Kreislauf-System weiter trainieren und zum Teil auch der Rumpf-Stabilität bzw. eben diese voraussetzen. Ganz sollte man aber auf das Radfahren nicht verzichten, um die radsportspezifischen Muskelgruppen weiter zu trainieren, man kann die Grundlage für Radfahren nicht mit Dauerläufen im Winter trainieren!
Möglichkeit 5: Trainingslager
Wer genug Zeit (und auch Geld) hat, kann der Tristesse entfliehen, in dem sie/er sich in wärmere Gegenden begibt. Ich kenne Rennradfahrer, die zwischen November und April einmal pro Monat für eine Woche Mitteleuropa verlassen, um an ihrer Form zu feilen. Klassische Reiseziele sind hier oft die Kanaren oder Balearen, wer das Abenteuer liebt, fliegt nach Marokko. Ab März/April bieten sich auch nähere Destinationen wie Kroatien oder Italien an.
Als arbeitender Mensch mit 5 Wochen Urlaubsanspruch bevorzuge ich die Variante, je nach Möglichkeit ein Trainingslager im Frühling abzuhalten. Man kann an der Form weiter feilen und kann die ersten Sonnenstrahlen des Jahres nach einem langen Winter genießen.
An dieser Stelle möchte ich selbstverständlich auch das Trainingslager von Tristyle erwähnen, dass im April 2019 in Kroatien stattfindet. Vergleicht man diverse Angebote, wird man kaum was finden, wo man besser betreut wird.
Werde ich abschließend gefragt, welche Möglichkeit ich wähle, lautet die Antwort: „Alle!“. Radfahren ist ein Freiluftsport, deswegen möchte ich diesen auch so lange und so oft wie möglich outdoor durchführen. Aber gerade im Winter liegt es mir auch daran, Abwechslung reinzubringen, um nicht die Motivation zu verlieren. Am Ende soll ja der Spaß im Vordergrund stehen und man soll sich als Hobbysportler zu nichts zwingen. Deshalb mische ich ganz gerne mit einer Einheit auf der Bahn oder Langlaufen oder ich nehme an einem Cyclocross-Rennen teil.
In diesem Sinne wünsche ich allen Radfahrern und Triathleten einen erholsamen aber erfolgreichen Winter. Baut jetzt das Fundament für eure Erfolge im nächsten Jahr!
Robert Unger
… verfolgt als begeisterter und begeisternder Hobby-Radsportler (auch „Hobbette“ genannt) ambitioniert sein Ziel vom Ötztal-Radmarathon. Seit 2015 ist er Tristyle-Athlet und hoffentlich bald Alumni der Tristyle Academy. Außerdem kümmert er sich um den Fußball-Nachwuchs im südlichen Weinviertel. In seinen Blogbeiträgen berichtet er über den (Trainings-) Alltag mit seinen Herausforderungen und seinen Wettkämpfen.